Sind Gewerbeausstellungen noch zeitgemäss?
Wir gehen der Frage nach, ob Gewerbeschauen wirklich ein Auslaufmodell sind oder ob sie gerade der Digitalisierung wegen ihre Berechtigung haben. Eine Praxisanalyse mit Zukunftsblick.
Zusammen mit fünf weiteren Mitgliedern realisierte André Dennler als Präsident des Organisationskomitees die diesjährige Gewerbeausstellung des Handwerker- und Gewerbevereins Kulm und Umgebung (Gewerbe Kulm) mit Betrieben aus den Gemeinden Teufenthal, Oberkulm und Unterkulm sowie diversen überregionalen Ausstellern. Die diesjährige Regionalmesse «W15» fand in Teufenthal statt und stand unter dem Motto «genial regional». Auch mit seiner Wirz Schriften AG in Unterkulm, einer Manufaktur für Werbetechnik, ist André Dennler am Puls des Gewerbes. Seit 2016 führt er diese gemeinsam mit seiner Frau Loredana Dennler-Vanvitelli. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen mit der jüngsten «Gwärbi», über den Nutzen, der Bevölkerung die Vielfalt der Angebote näherzubringen und von Optimierungspotenzial. André Dennler wohnt mit seiner Familie in Staffelbach.
André Dennler im Interview
Was verbindet Sie mit dem Gewerbe?
Ich erlebe das Gewerbe als Community, als ein Miteinander. Hier habe ich Geschäftspartner, es ergeben sich Synergien und es öffnen sich Türen.
Welches sind Ihre Schlüsse als OK-Präsident der Regionalmesse «W15» 2022?
Das Verhalten der Menschen verändert sich, gerade in von Verunsicherungen geprägten Zeiten. Die Leute sind sprunghafter geworden. Dies machte sich bereits bei der Zurückhaltung unter den Ausstellern bemerkbar. Die Anmeldungen erfolgten eher zögerlich. So musste das Budget immer wieder angepasst werden, was schliesslich zum schmerzlichen Verzicht eines Rahmenprogramms führte.
Aber auch bei den Besucherinnen und Besuchern sind Veränderungen spürbar. Der Freitag war zwar ausserordentlich gut besucht, der Samstag und Sonntag jedoch eher durchschnittlich. Ob es am fehlenden Rahmenprogramm lag oder doch am schönen Wetter, wissen wir nicht abschliessend. Klar gesagt werden kann, dass junge Akteure und einige renommierte Betriebe fehlten. Daraus ist zu schliessen, dass der Stellenwert einer Gewerbeausstellung schwindet.
Was würden Sie rückblickend anders machen?
Das Gewerbe zuerst aktiv befragen, ob es überhaupt eine Messe durchführen möchte. Bei der Werbung mehr auf Social Media setzen, primär um ein jüngeres Publikum erreichen zu können. Der enorme persönliche Einsatz, welchen einzelne Akteure für das Gesamte leisten, ist aus meiner Sicht nicht länger tragbar. Hier muss eine Reform her.
Würden Sie das Amt des OK-Präsidenten wieder ausüben?
Nicht unter den gegebenen Bedingungen.
Wo sehen Sie die Zukunft der Gewerbevereine?
Ein Gewerbeverein benötigt eine klare und zukunftsgerichtete Strategie, die auch nachkommende Generationen einbezieht. Wichtig ist zudem das Fördern des Gemeinschaftsgefühls bei den Mitgliedern. Zum Beispiel mit Openhouse-Events. Die Hoffnung sehe ich vor allem bei den Jungen. Ihnen ist ökologisches Handeln wichtig. Das ist eine grosse Chance, die Regionalität wieder stärker in den Fokus zu setzen, sie zu leben. Statt immerzu Preise zu optimieren, sollte der Konsum untereinander wieder selbstverständlich(er) werden.
Neue, frische Ansätze dürfen her! Auch eine Zusammenarbeit mit den Schulen soll wieder vermehrt gesucht werden. Der Bericht über die Kreisschule Entfelden in der letzten Ausgabe des Lezgo-Magazins hat mir gefallen. Dazu als Ergänzung: Die Kreisschulen aargauSüd und Oberstufe Oberes Suhrental organisieren Besichtigungen für kleinere Gruppen von Schülerinnen und Schülern, um Vorteile aufzuzeigen und letztlich für Nachwuchs im Gewerbe zu sorgen. Das befürworte ich.
Welches sind die Chancen für das Gewerbe? Wagen Sie einen Zukunftsblick?
Wenn man sich der Zeit und auch den Jungen anpasst, bleibt man attraktiv. Dazu gehört auch, den eigenen Auftritt zu überdenken und sich technologisch sowie werbewirksam weiterzuentwickeln.
Was macht für Sie ein «Macherbetrieb» aus?
Erstens: Menschen mit Euphorie und Lust, die etwas anpacken, aber auch Risiken bedacht abschätzen und bewusst eingehen. Zweitens: Leadership – vorausgehen und Vorbild sein.
Was möchten Sie sonst noch sagen?
Im Sinne des Generationenwechsels wünsche ich mir von den jüngeren Unternehmerinnen und Unternehmern, dass sie das lokale und regionale Miteinander mit neuen Konzepten fördern und pflegen.
Ein abschliessender Satz zum Lezgo-Magazin?
Ihr ermöglicht den Haushalten einen Einblick in die Vielfalt des regionalen Gewerbes: sinnvoll, frisch und modern.
Die Regionalmesse W15 im Rückblick:
messekulm.ch
Schreiben Sie André Dennler:
andre.dennler@wirz-schriften.ch