Über den Nachwuchs fürs Gewerbe
Folgt auf den Fachkräfte- der Lehrlingsmangel? Was eine der grossen Kreisschulen im Aargau in der Berufswahlvorbereitung unternimmt und was dies für das regionale Gewerbe bedeutet.
Es herrscht reger Betrieb an der Schule Entfelden. Die Sommerferien stehen an, Vieles gilt es noch zu erledigen. In den offenen Arbeitszonen diskutieren und lachen Schüler in Gruppen, einzelne arbeiten konzentriert am Notebook. Lehrpersonen gehen vorbei, Klassen begeben sich in den Unterricht. Seit die Oberstufe noch drei Jahre dauert, rückt der Ernst des Lebens rascher näher: Wer eine Lehre machen will, fängt heute später mit der Suche an und hat weniger Zeit. Im Gespräch mit der Schulleitung zeigen sich Engagement und Spannungsfeld der Schule gleichermassen.
Gefahr einer Konsumkultur
Während sich bei den Bezirksschülern 50 bis 70 Prozent für den gymnasialen Weg und 30 bis 50 Prozent für eine Berufsbildung entscheiden, sind es bei den Sekundarschülern 90 Prozent und bei den Realschülern gar deren 100, die eine berufliche Grundbildung wählen – oder wählen müssen. Mit dem Zukunftstag in der ersten Oberstufe (siebtes Schuljahr), beginnt die erste schulische Auseinandersetzung mit dem, was man später werden möchte – oder was für einen in Frage kommt.
Die grösste Herausforderung liege darin, bereits hier die Wichtigkeit und Bedeutung des Themas Berufswahl zu vermitteln, merkt Daniel Lehmann an. «Sie sollen den Ernst der Lage erfassen», so Realschullehrer und Berufswahlverantwortlicher Lehmann. Mit den Beratungsdiensten für Ausbildung und Beruf «ask!» habe man eine starke Partnerin, die im kantonalen Auftrag den Takt vorgibt. Die Gefahr einer Konsumkultur sei aber gegeben, meint Lehmann. Letztlich ist die Eigeninitiative der Jugendlichen zentral. Hier müsse man als Schule auch mal streng sein und die Schützlinge zum Glück zwingen, meint Jonathan Stalder, Schulleiter der Bezirks- und Sekundarschule. Wenn dann später sogar ein Dank folge, sei das der grösste Lohn.
Chance des Teamgedankens
In der zweiten Oberstufe folgt ein Berufswahlabend. Unternehmen stellen sich und ihre Ausbildungsplätze vor. Es bestehe ein Überangebot an Lehrstellen, wie Jonathan Stalder feststellt. Dadurch erfolge eine frühe Vergabe der Lehrstellen, was den Druck auf die Schülerinnen und Schüler weiter erhöhe. Mehr Zeit für die Berufswahl – zum Beispiel in Form eines eigenen Fachs – wäre hilfreich. Derzeit leisten die Lehrpersonen ihre Unterstützung – unter anderem bei der schriftlichen Bewerbung – teils mit grossem Zusatzaufwand. Hier komme das persönliche Engagement einer Lehrperson zum Tragen, sagt Anita Mitra, Schulleiterin der Realschule und Kleinklasse Oberstufe. Mitra ist auch verantwortlich für die RIK – die regionalen Integrationskurse für neu Zugewanderte. Dass kulturelle Aspekte bei der Lehrstellensuche heute noch einen Unterschied machen, beobachtet sie nicht. Es sei hingegen entscheidend, wie bildungsnah oder bildungsfern das Zuhause eines Schülers sei. Wer daheim keine Unterstützung erhält, wird durch die Schule stärker begleitet – oder begleitet werden müssen. Der Aufwand, den Eltern die Bedeutung des Schweizer Bildungssystems und den Wert einer Berufslehre zu vermitteln, lohne sich, obschon es den Lehrpersonen teils viel Energie abverlange.
Anschlusslösung für alle
An der Schule Entfelden ist man bestrebt, einen möglichst hohen Praxisbezug zu schaffen. Den Jugendlichen wird während der Schulzeit vermehrt ermöglicht, schnuppern zu gehen. Von den Unternehmen hört die Schule immer wieder, dass teilweise mehr Wert auf die Sozialkompetenzen als auf die Noten gelegt werde. Freundlichkeit, Pünktlichkeit und ein angepasstes Auftreten sind also bereits ein Wettbewerbsvorteil. Auch hier setzt die Schule an. Und um noch näher an den regionalen Betrieben zu sein, wird derzeit der Kontakt mit dem Gewerbeverein reaktiviert.
An der Schule Entfelden treten diesen Sommer 140 junge Menschen aus der Oberstufe aus. Tendenz jährlich steigend. Man wolle für alle eine definierte Anschlusslösung erreichen, erklärt Stalder das oberste Ziel. Letztlich gehe es auch darum, möglichst jede und jeden ins System zu integrieren und dadurch Sozialfälle zu vermeiden. Hier auch der Appell an das Gewerbe, man möge den schulisch Schwächeren ebenso eine Chance geben.
Das Lezgo-Magazin im Gespräch mit:
Jonathan Stalder
Schulleitung Bezirks- und Sekundarschule
Anita Mitra
Schulleitung Realschule und Kleinklasse Oberstufe sowie RIK (Regionale Integrationskurse für neu Zugewanderte)
Daniel Lehmann
Lehrperson Realschule, Berufswahlverantwortlicher Schule Entfelden
Die Schule Entfelden unterrichtet derzeit rund 1550 Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zur Abschlussklasse. Sie betreibt in Ober- und Unterentfelden 29 Einrichtungen und beschäftigt gegen 300 Mitarbeitende.
Zum Lezgo-Magazin meint das Trio:
«Danke für diese Plattform. Sie ist eine Chance, den Dialog zwischen der Schule und dem regionalen Gewerbe zu intensivieren.»
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